„Bibi Blocksberg, die kleine Hexe…“ tönt es regelmäßig aus dem Kinderzimmer meiner Tochter. Wenn die Kleine jedoch diesen Film in die Finger bekommt, ist es wohl aus mit ihrer Freundschaft zu Hexen. Denn hinter DIE HEXE – SIE WAR VOR EUCH HIER verbirgt sich ein gruseliges Kleinod, dass so gar nichts mit „Hex, hex, Kartoffelbrei“ zu tun hat…

Originaltitel: The Inhabitants

Drehbuch und Regie: Shawn & Michael Rasmussen

Darsteller: Elise Couture, Michael Reed, Judith Chaffee

Artikel von Christian Jürs

Manchmal erwartet man wenig und wird dann doch überrascht. Obwohl, ich hätte es wissen müssen. Denn jedes Mal wenn Victor und ich die Filme von Tiberius untereinander aufteilen, greift er mit Filmen wie HUMAN MEAT oder zuletzt ZOMBIES! ganz tief in die Schüssel. Ich hingegen hatte das Vergnügen kleine Genreperlen wie IT CAME FROM THE DESERT, VICTOR CROWLEY oder ARES zu reviewen.

Wie also nicht anders zu erwarten, schließt sich auch DIE HEXE dieser Tradition an. Die Brüder Shawn und Michael Rasmussen, die gemeinsam das Drehbuch zu John Carpenters THE WARD verfassten, welches ja durchaus in Ordnung war, schrieben und inszenierten hier einen langsamen, aber wunderbar atmosphärischen Gruselfilm.

Dan (Michael Reed) erfüllt seiner Frau Jessica (Elise Couture) ihren sehnlichsten Wunsch. Gemeinsam ersteht das kinderlose Paar ein heruntergekommenes Bed & Breakfast Hotel irgendwo im unaussprechlichen Massachusetts. Schnell stürzt sich das sympathische Pärchen in die Arbeit. Da Jess etwas über die Geschichte des Hauses studieren möchte, findet sie schnell heraus, dass die erste Besitzerin im 17. Jahrhundert als Hexe denunziert und gehängt wurde. Sie soll für den Tod mehrerer Kinder verantwortlich gewesen sein.

Ein toller Moment für das Drehbuch, Dan auf Geschäftsreise zu schicken. Während dieser fort ist, macht Jessica Bekanntschaft mit der bösen, dreiköpfigen Dorfgang, bestehend aus zwei halbstarken Idioten und ihrer Tussi, die ganz sicher nur dem einen Zweck dienen…dem des Kanonenfutters. Und so kommt es dann auch. Doch zunächst kehrt der glückliche Ehemann zu seiner Frau zurück, nur um diese verändert vorzufinden. Gefühlskalt und lethargisch wirkt sie und gibt Dan und dem Zuschauer ein Rätsel auf. Ein Rätsel, welches die Dorfgang schnell wiederwillig entschlüsselt, als sie Jess ins Haus folgen. Sie wollen zwar böses, doch die unheimliche Macht dreht den Spieß natürlich um. Währenddessen beginnt Dan Nachforschungen anzustellen…

Klar, Besessenenfilme gibt es zuhauf. Doch dieser hier ist, auch wenn seine Story gar nicht einmal so originell ist, einer der Besseren. Dies liegt zum Einen am wundervoll verregneten Setting, welches uns dauerhaft nasskalt präsentiert wird. Auch die Einsamkeit der Gegend kommt super zum Tragen und verursacht von vornherein ein ungutes Gefühl. Vom düsteren, alten Haus fang ich gar nicht erst an.

Doch die wahre Stärke sind die Darsteller und Charaktere. Elise Couture und Michael Reed spielen beide super und besitzen eine funktionierende Chemie, deren Einbruch in der Handlung umso schlimmer auf den Zuschauer wirkt.  Hier überzeugt auch das Drehbuch, welches erfreulicherweise auf Jumpscares verzichtet. Leider opfert man kurzzeitig die meist kammerspielartige Atmosphäre durch die blöden Jugendlichen, die nur dem Zweck dienen, dass endlich einmal etwas passiert. Dabei ist es genau die subtile Spannung zwischen den Ehepartnern, die einen am Ball bleiben lässt.

Erwähnenswert ist noch, dass die Synchro zu den hochwertigeren im Hause Tiberius gehört. Synchronfans können also unbesorgt zugreifen.

Kleines, feines Gruselstück für Eheleute, die sich fortan vor ihrem Partner fürchten wollen. Vorsicht Männer, wenn Eure Frauen einfach nur aus dem Fenster starren ohne den Hauch einer emotionalen Regung. Sie könnten besessen sein.

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