Normalerweise konsumiere ich eher die Standardhörspielreihen aus dem Krimi- und Horrorbereich. Wenn aber aus dem Hause FOLGENREICH ein neues Hörspiel erscheint, werde ich hellhörig. Insbesondere die Endzeitdystopie „Und auf Erden Stille“ wusste mich zu begeistern. Doch ehe dort Nachschub ansteht, haben die Macher einen humorvollen Fantasyroman vertont, dessen Geschichte vor 90 Jahren stattfindet und in der ein emsiger Erfinder antike Götterstatuen zum Leben erweckt, womit er einen ausufernden Culture Clash heraufbeschwört. Ob mich die Geschichte ebenso unterhalten hat wie der drölfzigste Fall dreier Jugenddetektive oder eines Geisterjägers, erfahrt Ihr im Artikel.

Hörspielskript und Regie: Balthazar von Weymarn

Nach einer Romanvorlage von Thorne Smith

Sprecher: Detlef Bierstedt, Konrad Bösherz, Tanya Kahana, Tobias Kluckert, Derya Flechtner, Oliver Stritzel

Artikel von Christian Jürs

Wir schreiben das Jahr 1931. Zu dieser Zeit macht der exzentrische, amerikanische Erfinder Hunter Hawk (Konrad Bösherz) eine sensationelle Entdeckung. Es gelingt ihm, nach allerlei missglückten Versuchen, ein Gerät zu entwickeln, welches es ermöglicht, „Zellularversteinerung durch atomare Desintegration“ an Lebewesen durchzuführen. Einfacher ausgedrückt, er kann Mensch und Maus vorrübergehend in steinerne Statuen zu verwandeln. Toll, oder?

Konrad Bösherz

Dies ruft die, für eine Nachfahrin der alten Götter, mit gerade einmal 800 Jahren noch recht blutjunge Magaera „Meg“ Turner (Derya Flechtner), auf den Plan, die dem Forscher einen freundschaftlichen Besuch abstattet, bei dem beide nach der ein- oder anderen Flasche Rotwein in Hunters Bett landen. Auch sie verfügt über ähnliche Fähigkeiten wie Hunters Erfindung, allerdings im umgekehrten Sinne. Meg ist es nämlich möglich, Steinstatuen zu neuem Leben zu erwecken.

Neugierig, was wohl die alten, griechischen Götter an Wissen in unsere Zeit bringen könnten, schleicht sich der Forscher zusammen mit der Junggöttin ins heimische Museum, wo beide des nachts die Top 5 der alten Gottheiten zu neuen Leben erwecken. Damit ist Chaos vorprogrammiert, denn Merkur (Richard Barenberg), Bacchus (Oliver Stritzel), Juventas (Luisa Wietzorek), Neptun (Erich Räuker) und Diana (Sarah Alles) finden sich selbstverständlich mit den gebräuchlichen Sitten des 20. Jahrhunderts nicht zurecht und fallen auf. Etwa, wenn Neptun sich über einen Fischhändler auf dem Wochenmarkt aufregt und seine Schützlinge, also die Fische, zurück in seine Obhut übernimmt. Somit ist Ärger vorprogrammiert und ruft ebenso die Neider hervor, die ebenfalls ein Stück vom Kuchen, sprich Hunters Erfindung, abhaben wollen.

Derya Flechtner

Die Geschichte von Das Nachtleben der Götter ist tatsächlich so alt wie die Zeit, in der sie spielt. Als Roman wurde sie von Thorne Smith geschrieben, der leider bereits 1934, im Alter von nur 42 Jahren verstarb und somit die ein Jahr später veröffentlichte Verfilmung seines Stoffes nicht mehr zu Gesicht bekam. Die Story eignete sich dabei bestens für eine filmische Umsetzung, da der Roman vor Slapstick und Situationskomik nur so strotzt. Und natürlich passt die Geschichte somit auch bestens in eine Hörspielform, vor allem, wenn sich ein Profi wie Balthasar von Weymarn für Hörspielskript und Regie verantwortlich zeichnet. Dieser schuf nicht nur für die eingangs erwähnte Dystopie Und auf Erden Stille, er war auch verantwortlich für die erfolgreiche Hörspielserie Mark Brandis, Raumkadett.

Das A und O für ein tolles Hörspiel ist, neben Skript, Regie und dem ebenfalls vorhandenen, phantastischen Sounddesign, eine Riege an talentierten Sprechern. Und auf die wurde hier zurückgegriffen. So hören wir neben Jesse Eisenbergs Synchronstimme Konrad Bösherz u.a. noch Detlef Bierstedt, der sowohl als Erzähler, wie auch als Butler der Hauptfigur fungiert und ein wenig wie Thomas Danneberg klingt, wenn er John Cleese eingesprochen hat. Überhaupt finden sich hier, bis in die kleinste Nebenrolle, haufenweise bekannter Namen wie z.B. Jason Bateman-Stammsprecher Tobias Kluckert oder Oliver Stritzel. Ein toller Cast.

Detlef Bierstedt

Erstaunlich auch, wie wenig eingestaubt die 90 Jahre alte Geschichte auch heute noch wirkt und dabei äußerst frisch daher kommt. Selbst vor der ein- oder anderen Frivolität scheute man sich nicht (keine Angst, liebe Helikoptereltern, die Altersempfehlung ab 12 Jahren ist durchaus okay).

Insgesamt ein gelungenes Vergnügen, welches 112 Minuten Kurzweil verbreitet. Jetzt darf es aber gerne mit der Und auf Erden Stille – Reihe weitergehen, bei der ich sehnsüchtig auf ein Sequel warte.

Einen Trailer oder eine Hörprobe muss ich Euch diesmal leider schuldig bleiben. Ihr müsst also meinen geschriebenen Worten diesmal blind vertrauen.

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