Für Hörspielfreunde, denen die neue Europa Grusel Serie zu behäbig und harmlos daher kommt, haben wir heute einen ganz besonderen Tipp. Um ehrlich zu sein, wendet sich diese Empfehlung an Hörspielfreunde, denen eigentlich alle Hörspiele in Sachen Gewalt zu harmlos sind. Denn was uns OHRHORROR, im Vertrieb von 8-FILMS, hier auf die Lauscher gibt, verlangt schon einen stabilen Magen. Präsentiert von Cannibal Holocaust Regisseur Ruggero Deodato geht es ab in den Dschungel zu den wilden Menschenfressern, die sich anno 1936 an Nazis und Reiseleitern festbeißen. Eine akustische Grenzwerterfahrung, die ich nun mit Euch teilen möchte.

Regie: Gerold Darynger

Sprecher: Bert Stevens, Britta Voigt, Corinna Bergmann, Kathleen Bauer, Sascha Bauer, Werner Braunschädel

Artikel von Christian Jürs

Vor einigen Jahren, zu Beginn meiner Schreiberlings- und Podcastphase, in der ich für „Den, dessen Name nicht genannt werden darf“ tätig war, wurde mir ein Hörspiel mit dem Titel Kuru – Der lachende Tod zu hören auferlegt. Meine vom Studio Europa verwöhnten Ohren wandten sich allerdings mit Grauen ab. Es gab zwar recht ordentliche Sprecher darin und einen extremen Gewaltlevel obendrauf, so etwas wie Spannung konnte ich damals aber nicht entdecken. Immerhin erlangte ich die Erkenntnis, wie hart ein Hörspiel wirklich sein kann (bis dahin empfand ich die alte, ungekürzte Version von Konga der Menschenfrosch aus der Reihe Macabros immer für das Maß aller Dinge). Jetzt, einige Jahre später, liegt mir also das bislang neueste Werk von Gerold Darynger vor – in ungewöhnlichem Gewand, denn Bestie Mensch ist in zwei streng limitierten (je 333 Stück) Hartboxen veröffentlich worden, die optisch zunächst einen Film erwarten lassen.

Bert Stevens

Angesiedelt ist die, vom italienischen Kannibalenfilm inspirierte, Geschichte ungewöhnlicherweise im Jahr 1936. Zu dieser Zeit möchte die Gestapo mit dem russischen Geheimdienst geheime Kriegspapiere austauschen. Der Ort der Übergabe wurde allerdings nicht allzu Weise gewählt, denn in Neuguinea, da hausen die Menschenfresser. Und so dauert es auch nicht lange, bis unserer Hauptfigur Heinrich und seiner Reisegruppe allzu Böses widerfährt. Opfer Nummer eins ist gleich die Reiseleiterin, deren Leiche bei Auffinden bereits von Maden zerfressen ist. Danach geht´s dann richtig los und wir werden akustische Zeugen der ekelerregenden Zerstückelungen und Verstümmelungen der Kannibalenopfer.

Doch dies ist nicht die ganze Geschichte. Eine Landkarte aus Menschenhaut soll unsere Protagonisten zu einem Schatz führen, doch der Weg ist leichengepflastert. Gegen Ende gibt es dann den einen- oder anderen Plottwist, den ich hier aber nicht verraten werde.

Britta Voigt

Gleich das erste Hörspiel aus dem Hause Ohrhorror machte Bekanntschaft mit der deutschen Zensur. Detolates Blutstern von 1999 verweilt bis heute auf dem Index. Die nachfolgenden Veröffentlichungen blieben aber von dieser Art Eingriff verschont. Erwähnt sei hier noch das 2004 entstandene Werk Apokryphus – Die Geheimgesellschaften, in dem sogar Hörspiellegende Konrad Halver zu hören ist. Er war es, der damals die erste Dracula Vertonung mit Charles Regnier im Hause Europa inszenierte. Man sieht, das kleine Label Ohrhorror gibt sich sichtlich Mühe, trotz kleinerem Budget, vernünftige Sprecher an Land zu holen. Auch auf akustischer Seite gibt es nichts zu meckern. Entgegen der stillen, neuen Grusel Serie, ist hier eine äußerst gelungene Klanguntermalung vorhanden, die sich wirklich nach Urwald anhört. Von den Splattereffekten ganz zu schweigen. Brrrrrrr.

Corinna Bergmann

Kritik üben darf man aber an den Figurenzeichnungen des Hörspiels. Die Protagonisten werden zwar allesamt von guten Sprechern vertont, besitzen außer unterschiedlichen Rollennamen jedoch wenig Charakterzeichnung. Hier währe eine ausführlichere Einleitung wünschenswert gewesen. Die Plottwists am Ende kommen unerwartet, wirken in meinen Augen jedoch ein wenig erzwungen. Doch das ist jammern auf hohem Niveau, denn immerhin ist ständig was los in Bestie Mensch und an Gewalt gibt es kaum Vergleichbares. Wer darauf Bock hat, der sollte zuschlagen.

Werner Braunschädel

Die Veröffentlichung ist in zwei unterschiedlichen Cover-Varianten erhältlich, die jeweils mit unterschiedlichen Bonus-CDs, die Grusel-Balladen in Reimform enthalten. Beide entstanden 2008/2010, wobei die Variante mit der CD Der Fluch mit Orchestermusik unterlegt wurde. Des Weiteren ist ein informatives Booklet enthalten, in dem auch Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke zu Wort kommt. Demnächst arbeitet Gerold Darynger an der Vertonung eines Italowestern und am Hörspiel-Sequel zu Cannibal Holocaust, welches auf dem Originaldrehbuch von Ruggero Deodato beruht. Man darf also gespannt sein.

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