Manchmal lassen sich die Damen und Herren der Freiwilligen Selbstkontrolle gerne bitten. Im Falle von Eli Roths Thanksgiving wurde bei der ersten Heimkinoprüfung die Freigabe verweigert. Was war geschehen, dass die FSK eine Jugendgefährdung witterte? Ist ihnen der Truthahn nicht bekommen oder waren die Weihnachtsgeschenke seitens PLAION PICTURES und SONY PICTURES HOME ENTERTAINMENT letztes Jahr kleiner ausgefallen? Wir wissen es nicht, allerdings gibt es nun ein Eingeständnis der Prüflinge, denn beim zweiten Freigabeanlauf sah man keine Probleme mehr und gab dem roten Flatschen eine Zustimmung. Ich liebe Happy Endings.

Regie: Eli Roth

Darsteller: Nell Verlaque, Rick Hoffman, Patrick Dempsey, Gina Gershon, Ty Olsson, Karen Cliche

Artikel von Christian Jürs

Feiertage sind ein beliebtes Thema im amerikanischen Horrorfilm. Allen voran natürlich Halloween, aber auch Weihnachten, wie zuletzt in It´s a Wonderful Knife oder dem deutlich gelungeneren Christmas, Bloody Christmas oder gar der Jahreswechsel von Silvester auf Neujahr, siehe New Year´s Evil. Jetzt bekam auch das Truthahn-Fressfest Thanksgiving seinen eigenen Schocker spendiert – von keinem Geringerem als Eli Roth (Hostel).

Dessen Fake-Trailer von vor ein paar Jahren atmete noch die trashige Grindhouse-Luft eines Eighties-Slashers, samt Filmrissen und bedrohlichem Voiceover. Davon ist im fertigen Film allerdings nichts mehr übrig, da sich Eli Roth und sein Jugendfreund Jeff Rendell, der auch das Drehbuch verfasste, dazu entschieden, die Handlung in die aktuelle Gegenwart zu verfrachten. Laut der beiden Filmemacher handelt es sich quasi um ein aktuelles Remake eines Filmes von anno dazumal, der natürlich gar nicht existiert. Was das Budget betrifft, natürlich ein cleverer Schachzug, da man an Retro-Ausstattung sparen konnte. Thanksgiving wurde deshalb, mit seinen weltweiten Einnahmen von 46 Millionen Dollar, ein rentabler Hit, der bereits grünes Licht für eine Fortsetzung bekommen hat.

Die ersten Filmminuten sind auch gleich ein wahres Fest für Freunde abgedrehter Splatterkost. In Plymouth, Massachusetts (der Bundesstaat mit dem Zungenbrecher Namen) kommt es am Black Friday, der an Thanksgiving stattfindet, zu einer Katastrophe, als sich Jessica (Nell Verlaque), gemeinsam mit ihren Freunden, Zutritt vor der offiziellen Öffnung um Mitternacht zum Geschäft ihres Vaters (Rick Hoffman) verschafft – vor den Augen der aufgebrachten, wartenden Meute.

Die lassen sich diese Bevorzugung nicht gefallen und entern den Laden ohne Rücksicht auf Verluste. Der wütende Mob beginnt, den Laden zu plündern. Dabei sind die aufgebrachten Konsumenten so sehr im Rausch, dass es zu Verletzungen und Todesopfern kommt. Während Jessicas Boyfriend Bobby (Jalen Thomas Brooks), ein aufstrebender Baseballspieler, sich die Hand irreparabel verletzt, verlieren ein Wachmann (Chris Sandiford) und Amanda (Gina Gershon), die Frau des Filialleiters (Ty Olsson), ihr Leben. Zwar versucht der anwesende Sheriff Eric Newlon (Patrick Dempsey) mit Warnschüssen die Meute zu beruhigen, doch leider kommt sein Einsatz zu spät.

Nach dieser abgedrehten Eröffnungssequenz springt die Handlung ein Jahr in die Zukunft. Bobby, der Jessica die Schuld an seinem Karriere-Aus gibt, hat sich von ihr getrennt. Sie ist mittlerweile mit dem arroganten Ryan (Milo Manheim) zusammen. Ihr Vater nutzt derweil die Medien, um seine verbesserten Sicherheitsmaßnahmen werbewirksam einzusetzen, mit denen der Black Friday Einkauf dieses Jahr friedlich ablaufen soll. Doch dann werden Jessica und ihre Freunde plötzlich in einem Thanksgiving-Post auf Instagram von einem gewissen John Carver (der erste Gouverneur Plymouths) markiert. Er schwört blutige Rache an denen, die für das Einkaufsmassaker verantwortlich sind. Es dauert nicht lange, und die ersten Todesopfer sind zu beklagen; gerichtet von einem Killer mit John Carver-Maske.

Während die ersten Filmminuten höchst originell mit einem überdrehten Massaker starten (und einer kurzen Anspielung auf John Carpenters Halloween), schaltet Thanksgiving im Anschluss zwei Gänge herunter und mutiert zu einer Ich weiss, was Du letzten Sommer getan hast-Variante, allerdings mit deutlich mehr Gewalt und Goregehalt, was durchaus Spaß bereitet. Auch der kanadische Slasher-Klassiker von Charles Bronson-Hausregisseur J. Lee Thompson, Ab in die Ewigkeit, stand offenkundig Pate im Finale, was nicht die schlechteste Idee war. Apropos Finale: Die Frage, wer sich hinter der Maske des Killers verbirgt, ist meiner Meinung nach allzu leicht zu beantworten. Mein Tipp, den ich kurz nach der Eröffnungssequenz abgab, war jedenfalls goldrichtig. Man darf gespannt sein, ob hierauf im Sequel aufgebaut wird oder ob wir – ganz Scream-like – einen neuen Übeltäter präsentiert bekommen.

Insgesamt ist Thanksgiving nicht der große Wurf im Slashergenre geworden, aber auch kein absolutes Ärgernis, denn wenn man nicht allzu sehr darüber nachdenkt, bekommt man ordentliche Stangenware mit teils erstaunlich blutigen Morden serviert, die, wie oben erwähnt, mal wieder Freigabeprobleme machten. Am gruseligsten ist aber das operierte Gesicht von Gina Gershon, die ich beinahe nicht erkannt hätte. Karen Cliche in der Rolle von Jessicas unsympathischer Stiefmutter eifert ihr allerdings ordentlich nach. DAS ist wirklich Horror pur.

Bild- und Tonqualität sind natürlich erwartungsgemäß top. Wer zu physischen Veröffentlichung greift, bekommt einen Audiokommentar, geschnittene Szenen und ein Gagreel obendrauf.

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