Im Sumpf der letzten, mittlerweile kaum mehr zählbaren Direct-to-Video-Heuler, mit denen sich der an Aphasie erkrankte und seit März vergangenen Jahrs im Ruhestand befindende Bruce Willis seinen Lebensabend aufbesserte, machte vor allem ein Film Hoffnung auf zumindest gelungene B-Ware. Die Rede ist vom Actionthriller WHITE ELEPHANT – DER MAFIA-KODEX (2022), für den sich niemand geringeres als Jesse V. Johnson verantwortlich zeichnet, der sich in den vergangenen Jahren durch seine Zusammenarbeit mit Martial-Arts-Star Scott Adkins einen Namen im Genre machen konnte. Nun schaffte es dessen Werk auch auf den deutschen Mark, denn Dolphin Medien und Plaion Pictures veröffentlichten den Streifen nämlich fürs Heimkino. Ob es sich hierbei um einen würdigen Abschied von Willis handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: White Elephant

Drehbuch: Erik Martinez, Jesse V. Johnson

Regie: Jesse V. Johnson

Darsteller: Michael Rooker, Olga Kurylenko, Bruce Willis, Vadhir Derbez, John Malkovich, Chris Cleveland, Josef Cannon…

Artikel von Christopher Feldmann

Jesse V. Johnson ist kein Unbekannter im B-Actiongenre. Der Brite begann seine Karriere als Stuntman und Stuntkoordinator und war in dieser Funktion an zahlreichen bekannten Produktionen beteiligt, TOTAL RECALL (1990), DIE PIRATENBRAUT (1995), STARSHIP TROOPERS (1997), TERMINATOR 3: REBELLION DER MASCHINEN (2003) und MISSION: IMPOSSIBLE 3 (2006); nur um einige zu nennen. In den 2000ern begann er zudem, seine eigenen Filme zu inszenieren, darunter Streifen wie PIT FIGHTER (2005), HOOLIGANS 2 (2009) und das Dolph-Lundgren-Vehikel THE PACKAGE (2012). Allesamt Randnotizen im DTV-Sumpf, bis dann irgendwann Scott Adkins um die Ecke kam, mit dem Johnson eine Reihe vielbeachteter Genrevertreter unters Volk brachte, die trotz schmalen Budgets souveräne, sowie blutige Action boten, die dem Zuschauer ein breites Grinsen ins Gesicht zauberten, darunter SAVAGE DOG (2017), ACCIDENT MAN (2018), THE DEBT COLLECTOR (2018), sowie der großartige AVENGEMENT (2019). Entsprechend hoch waren die Erwartungen, als bekannt wurde, dass Johnson einen Actionfilm für die Low-Budget-Klitsche 308 Entertainment inszenieren würde, in dem mit Michael Rooker, Olga Kurylenko, John Malkovich und eben Bruce Willis eine Reihe bekannter Namen zu sehen sein würden. Tatsächlich gelingt WHITE ELEPHANT – DER MAFIA-KODEX (2022) das Kunststück, als kleiner, knackiger B-Film zu funktionieren, der trotz erheblicher Drehbuchmängel immerhin solide und blutige Action liefert, auch wenn der Anblick des sichtlich orientierungslosen Willis durchaus schmerzt.

Handlung:

Der ehemalige Scharfschütze der US-Marines, Gabriel Tancredi (Michael Rooker), will seinen Job als Auftragskiller für den Immobilien-Hai und Gangster-Boss Arnold Solomon (Bruce Willis) an den Nagel hängen und arbeitet den jungen Carlo Garcia (Vadhir Derbez) als seinen Nachfolger ein. Nachdem dieser als erste Bewährungsprobe Arnolds Konkurrenten, Luis Velasquez (Ski Carr), ausgeschaltet hat, wird er von den zwei Zivil-Polizisten Vanessa Flynn (Olga Kurylenko) und Walter Koschek (Michael Rose) beobachtet. Jetzt soll er die unliebsamen Zeugen beseitigen, beißt sich an der jungen Vanessa aber die Zähne aus. Als er sie dank ihres getrackten Handys in einem Motel aufspürt und ihr ein zweites Mal nach dem Leben trachtet, kommt ihr der alte Gabriel in höchster Not zu Hilfe. Vanessa erinnert ihn an seine über alles geliebte, verstorbene Ehefrau. In seinem Landhaus erwarten beide Carlos Generalangriff mit einer bis an die Zähne bewaffneten Truppe, zu der auch Flynns korrupter Kollege Detective Daley (Chris Cleveland) gehört. Es entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod, der nur Platz für einen Sieger hat…

Ich persönlich hatte so richtig Bock auf WHITE ELEPHANT, immerhin war der Trailer durchaus vielversprechend und versprach bleihaltige Actionkost mit einer durchaus ansehnlichen Darstellerriege. Zwar waren Bauchschmerzen durchaus vorhanden, immerhin entstand auch dieser Film unter der Ägide von 308 Entertainment, eine Produktionsschmiede für Low-Budget-Filme, die sich neben Emmett/Furla/Oasis als der zweite große Brötchengeber im Spätwerk von Kinolegende Bruce Willis etablierte. Und denkt man dabei an Graupen wie COSMIC SIN (2021), APEX (2021) oder DEADLOCK (2021), dann wird einem doch etwas mulmig zumute. Dass aber windige Müll-Produzenten keinen Veteranen wie Jesse V. Johnson unterkriegen können, beweist der hier vorliegende Film. Natürlich ist WHITE ELEPHANT kein Meisterwerk und mit ziemlicher Sicherheit auch kein wirklich „guter“ Film aber die Macher holen das Maximum aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln heraus. Johnson weiß eben wie man eine Actionszene inszeniert und verzichtet auf eine wackelige Kamera oder unschöne Einstellungen. Hier sitzt der Schnitt, die Dynamik passt und wenn die Kontrahenten loslegen, rumst es auf der Tonspur. Gerade im extrem bleihaltigen Finale, das sich gängiger Westerntropen bedient wird ordentlich geballert und dankenswerterweise auf viele praktische Effekte gesetzt. Hier darf das Kunstblut ordentlich spritzen und auch wenn der ein oder andere digitale Unterstützer dabei sein sollte, wirkt Alles sehr viel haptischer als in vergleichbaren Produktionen, bei denen allein das Mündungsfeuer der Spielzeugwaffen so beschissen aussieht, dass der gesamte Film darunter zu leiden hat und kaum mehr Wirkung entfalten kann.

Bei all dem Lob muss man aber auch erwähnen, dass WHITE ELEPHANT auch seine Hänger hat, gerade was das Drehbuch angeht. Dieses wurde von Johnson selbst in Zusammenarbeit mit Erik Martinez verfasst und ist im Prinzip ein einziges Wassertreten bis es zum großen Showdown kommt. Die Geschichte um einen gealterten Auftragskiller, der seinen Job an den Nagel hängen will und irgendwann seinem eigenen Protegé gegenüber steht, ist fast so alt wie das Kino selbst. Dass man dem bekannten Plot großartige Neuerungen oder gar Wendungen hinzufügt, erwartet vermutlich niemand, jedoch leidet das Ganze unter der Tatsache, dass es sich hier um einen kleinen B-Film handelt.

Mit Sicherheit war keiner der Hauptdarsteller länger als vier bis fünf Drehtage am Set, weshalb der Fokus sich immer wieder seltsam verschiebt. „Gabriel“, der eigentliche Protagonist der Geschichte, hat in der ersten Hälfte kaum etwas zu tun, selbst die gejagte „Vanessa“ fällt immer wieder aus der Handlung, nur um punktuell wieder aufzutauchen. Das Ganze wird dann meist mit Szenen gestreckt, die keinen Mehrwert für den Film haben, sei es der überraschend belanglose und aus dem Nichts kommende Bandenkrieg oder irgendwelche Unterredungen, die sich ständig im Kreis drehen. Es ist jeder Zeit spürbar, dass hier immer wieder Hand angelegt werden musste, um einen halbwegs kohärenten Film aus dem Hut zu zaubern. Warum sich „Gabriel“ am Ende auf die Seite des eigentlichen Ziels schlägt, kommt ebenso wenig nachvollziehbar daher wie die ganze Mob-Thematik, die immer wieder anklingt aber nie ausgearbeitet wird. Einzig der Score von Johnsons Buddy Sean Murray macht Laune und verleiht dem Film eine nette Atmosphäre.

Michael Rooker ist als Darsteller eigentlich immer eine Bank und macht auch hier einen guten Job, auch wenn sein reduziertes Spiel für wenig Empathie beim Zuschauer sorgt. Dass der GUARDIANS-OF-THE-GALAXY-Star durchaus noch zulangen kann, zeigt er in der Action, für die restlichen Szenen musste er sich nicht sonderlich aus dem Fenster lehnen. Ziemlich blass und austauschbar bleibt hingegen Bond-Girl Olga Kurylenko, die als Polizistin „Vanessa“ die uninteressanteste Rolle inne hat und auch kaum Bad-Ass-Momente bekommt, um mehr zu sein, als das verfolgte Opfer. Absolut unnötig ist indes die Rolle von Schauspielveteran John Malkovich, der vermutlich nur im Film auftaucht, weil er gerade Zeit hatte und nach drei kleinen Szenen, in denen er vor allem belangloses Zeug quatscht, auch wieder verschwindet. Etwas mehr Screentime hat währenddessen Bruce Willis inne, der als Gangsterboss „Arnold“ die Fäden zieht, dies aber in der Regel im Sitzen bewerkstelligt. Ja, Willis wirkt hier wirklich verloren und scheint kaum mehr zu wissen, was Sache ist, geschweige denn welche Emotion er gerade vermitteln soll. Generell hat man stets das Gefühl, dass seine Szenen größtenteils improvisiert wurden. Immerhin schaffte es Johnson, den Altstar zu einem Bad-Ass-Moment zu bewegen, in dem er mit Maschinengewehr ein paar Auftragskiller in einem Restaurant niedermäht. Mich würde brennend interessieren, wie lange diese Szene gedreht werden musste.

Dolphin Medien veröffentlichte den Film im Vertrieb von Plaion Pictures fürs Heimkino, sowohl digital als auch auf Scheibe. Zur Sichtung lag uns ein Screener vor, Bild- und Tonqualität waren gut.

Fazit:

Sicher ist WHITE ELEPHANT – DER MAFIA-KODEX (2022) kein neuer Meilenstein des B-Actionkinos aber immerhin ein kurzweiliger, in vielerlei Hinsicht handgemachter Streifen, der im Spätwerk von Bruce Willis sicher einen Ausschlag ins positive darstellt. Zwar war auch ein Jesse V. Johnson schon mal besser, genießen kann man den Film dennoch.

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